03. September 2016
Narren sind erfinderisch - Fallstricke bei der Bedienung eines CMS
Murphy sagt in Gesetz 11:
It is impossible to make something foolproof, because fools are ingenious (zu Deutsch: „Es ist unmöglich, etwas narrensicher zu machen, denn Narren sind erfinderisch“).
Mit Content-Management Systemen (CMS) ist das so eine Sache; theoretisch ein wunderbarer Gedanke, dass verschiedene Leute von überall in der Welt Texte ändern und Inhalte einpflegen können. In der Praxis sieht das leider ganz anders aus, wie ich in den letzten Monaten erneut feststellen musste.
Fehlende Grundkenntnisse
Denn um sich innerhalb eines CMS zu bewegen, Texte zu ändern und Bilder einzusetzen, setzt voraus, dass man zumindest Grundkenntnisse in Textverarbeitung, Bildbearbeitung und der Bedienung des CMS hat bzw. sich aneignet und dazulernen möchte.
Keiner ist allwissend auf die Welt gekommen. Auch ich würde mir wünschen, dass Computer und Software noch leichter oder sogar intuitiv zu bedienen sind; dem ist aber nicht so und solange es keine besseren Lösungen gibt, muss man sich diese Dinge leider mühsam aneignen.
Ist dafür keine Zeit oder hat man einfach keine Lust, sollte man es besser gleich ganz lassen und die Pflege an eine andere Person übertragen. Andernfalls ist man schnell einer der anfangs erwähnten „Fools“, also ein Narr, der trotz guter Absicht durch Unwissenheit viel Schaden anrichtet.
Dogmatismus
Es gibt Leute, die haben bereits mit anderen Systemen gearbeitet. Nun denkt man, sich damit gleichzeitig eine Art von „Universalwissen“ angeeignet zu haben und jedes andere CMS aus dem Stand bedienen zu können.
Leider ist auch das nicht so, nicht einmal ansatzweise. Beispiel Typo3 und Wordpress, die beiden CMS sind weitgehend unterschiedlich. Das Konzept ist anders, die gesamte Bedienung ist anders, das Aussehen ist anders – eigentlich ist alles anders.
Richtig haarig wird es, wenn Dokumente, Präsentationen etc. über einen längeren Zeitraum bewahrt werden sollen, denn Ziel der Softwarehersteller scheint es zu sein, keinesfalls die Dokumente der Vorgängerversion korrekt öffnen zu können. Dies ist ein großes Problem, soll aber hier nicht mein Thema sein. Ich spreche allgemein von gängigeren Dateien wie Textdateien (HTML, CSS), JPGs, TIFFs, Audio- und Videodateien etc., obwohl gerade bei den letzteren seit längeren ein völliges Formatchaos herrscht.
Bei Dogmatikern hat man schlechte Karten, diese kommen einem ständig mit Sätzen wie „das habe ich immer so und so gemacht“ oder „in xyz war das alles viel einfacher“. Meist war es aber nur deswegen einfacher, weil er oder sie die Vorgehensweise zuvor zig mal durchgeführt hat und kennt – verpacken Sie das einmal in nette Sätze…
Beliebte Fehler
Hier eine kleine Auswahl beliebter Fehler in Zusammenhang mit der Bedienung eines CMS, denen ich bereits mehrfach begegnet bin:
1. Satztrenner
Man arbeitet am PC mit Großbildschirm und setzt am Ende des Eingabefeldes immer brav einen harten Zeilenumbruch (Shift + Return). Das führt auf kleineren Geräten später zu einem unprofessionellen „Flattersatz“, da der Browser zusätzliche Zeilenumbrüche hinzufügt.
Korrekt wäre es, durchzuschreiben und dem Browser den Umbruch überlassen. Zudem beherrschen alle modernen Browser (außer Chrome) inzwischen die automatische Silbentrennung, sodass auch ein solches Trennen in jedem Falle überflüssig und unangebracht ist.
2. Harte Trennung
Zwischen Absätzen werden mehrfach harten Zeilenumbruch (Shift + Return) gesetzt statt einen Absatz (Return) zu verwenden. Der Unterschied ist diesen Zeitgenossen auch in Textverarbeitungssystemen wie „Word“ niemals klar geworden.
3. Word-Kopierer
Apropos, der Schrecken eines jeden Admin: Kunde kopiert Word-Texte per Kopieren und Einfügen in das CMS. Dabei werden, sorgt man nicht vor, sämtliche CSS-Formatierungen übernommen, was bestenfalls zu einem mit tausenden SPAN-Anweisungen zugemüllten HTML-Code führt.
Richtig nett wird es, wenn CSS-Formatierungen innerhalb des CMS nicht oder ganz anders definiert wurden, dann sieht das mal so richtig sch****e aus. Dieses Problem ist weit verbreitet, ich persönlich nutze daher oft einen klassischen Editor als Zwischenschritt, um die Formatierungen sozusagen herauszufiltern.
4. Bildriesen
Beim Hochladen von Bildern machen sich manche keinerlei Gedanken um die passende Dateigröße. Im Netz finden Sie unzählige Seiten, in denen für kleinste Bilder Megabytes an Bildmaterial geladen wird und man dem Browser beim zeilenweisen Bildaufbau zuschauen kann. Auf dem Smartphone kommt das dann ganz besonders toll.
Diese Leute haben gleichfalls niemals realisiert, dass ein Bild verschiedene DPI-Punktdichten haben kann. So wird kurzerhand das Bild der teuren Digitalkamera mit 300 DPI (oder mehr) ins Netz gestellt, was den Besucher mit Tablet oder Smartphone später aufgrund der Ladezeiten zur Verzweiflung treibt.
5. Katastrophal schlechte Bilder
Leider ist es auch so, dass viele einfach kein Gefühl für ein geeignetes Bild haben. Bei der Auswahl stellen sich viele Fragen: gutes Motiv, zu dunkel, Überbelichtung, unruhig, unpassende Farben, peinliche Dinge im Hintergrund, Schatten in Gesichtern, ausreichende Auflösung und so weiter. Einiges lässt sich mit einer technischen Bildoptimierung retten, aber Wunder können Sie davon auch nicht erwarten.
Und überhaupt, technische Dinge kann man lernen, mit dem Geschmack wird es aber schwierig. Man hat ihn oder man hat ihn nicht. Mann kann ihn nicht erlernen, fehlt er, bleibt nur der Weg, ihn einzukaufen.
6. Keine Ahnung von Textgliederung
Webdesigner haben gelernt (bzw. sollten es gelernt haben), dass ein Text eine H1-Überschrift hat, zwischen mehreren (nicht zu langen) Textblöcken werden dann H2-Zwischenüberschriften gesetzt etc.. Stichwort: Zeitungslayout. Das ist nicht nur für das Auge wichtig, sondern auch hinsichtlich der Suchmaschinen.
Hier mangelt es ebenfalls regelmäßig, man erstellt oft richtige „Textwüsten“, also unheimlich lange Textblöcke gänzlich ohne Absätze und Zwischenüberschriften. Das Auge liest solche langen Textblöcke aber nicht „gerne“, da es die Orientierung darin verliert.
Zudem wird viel Potential hinsichtlich Suchmaschinen verschenkt, das in den Zwischenüberschriften und den dort gesetzten Keywords stecken würde. Dieses Vorgehen hat also keine Vor-, sondern ausschließlich Nachteile.
Responsive Webdesign
Heute kommt noch ein weiteres Problem hinzu, was unter „Beliebte Fehler“ bereits anklang: das responsive Webdesign, also die automatische Anpassung des Inhalts an die Geräte.
Vielen Kunden fehlt hier die Vorstellungskraft und das Gefühl für das Machbare; man setzt beispielsweise statische Tabellen als HTML-Code ein und bedenkt in keinster Weise, dass diese auf Smartphones ein völliges Durcheinander ergeben, da die „Breite“ zur Darstellung mehrerer Spalten fehlt.
Was auf dem PC funktioniert muss nicht zwangsläufig auch auf einem Tablet oder Smartphone funktionieren. Es ist sogar genau andersherum: nur, was auf dem Smartphone problemlos funktioniert, kann man in Betracht ziehen, einzubauen.
Kaputtgepflegt
Jeder Kunde sollte sich überlegen, ob er (bzw. sie) sich die Inhaltspflege selber zutraut und bereit ist, die Arbeitsweisen zu erlernen und sich mit den Hintergründen zu beschäftigen.
Oft ist es besser, die Texte z.B. per Word zu erstellen oder auszukopieren, zu ändern und den Webdesigner dann das Einpflegen zu überlassen. Andernfalls kann es passieren, dass man seine Webseiten im Laufe der Zeit „kaputtpflegt“.